bookmark_borderLinkschleuder: Technikpessimismus, Aktenknoten, Volkszählung

Technikpessimismus-Edition…


Das große Thema des vergangenen Monats, Chatkontrolle, klammere ich mal großräumig aus. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Idee schlecht und potentiell verfassungswidrig ist, die öffentlich als Hauptgrund angeführten Pädophilen-Foren sowieso so nicht gefunden würden und im übrigen ein großer Teil „Beifang“ Jugendliche wären, die anderen Jugendlichen in gegenseitigem Einvernehmen Bilder oder Texte schicken. Hinweisen möchte ich nur auf einen Aspekt, der meiner Wahrnehmung nach untergegangen ist: Ein Teil der Forderung ist, dass Anbieter das Alter von ihren Nutzer*innen überprüfen sollen, was das Ende der Anonymität im Netz wäre. (Netzpolitik)


Die Frage, ob der Bund Objekte, Gebäude und anderes an die Preußen restituieren muss, wird vor Gericht geklärt werden. Jedenfalls haben Bund und Länder jetzt den Vorschlag derselben zu einer außergerichtlichen Einigung zurückgewiesen (FAZ).


Wenig beachtete Nebenwirkung der mittlerweile doch in Schwung gekommenen Umstellung auf E-Akte: Der Badische Aktenknoten (Wikipedia) stirbt aus. (LTO)

(Im Artikel wird auch beschrieben, wie Akten teils mit Entschuldigung von Auswärtigen an badische Gerichte zurückkommen, weil der Knoten nicht wieder geschlossen werden konnte. Erinnert mich an Archivknoten…)


Kurzbericht über einen Workshop zu Notfallverbünden. Speziell ausgerichtet auf Ostfriesland, aber ein kurzer Überblick mit praktischen Hilfen/Links. (Blog für ost-friesische Geschichte)

Passend dazu gibt es eine hübsche neue Karte der Notfallverbünde in Deutschland, die nicht nur die abgedeckten Gebiete, sondern auch die teilnehmenden Institutionen verortet. Sehr hübsch! (kek-spk.de)


Kurz gesammelt zur Geschichte von Volkszählung und Datenschutz:

  • Volkszählung und Zensus: Das große Misstrauen der 80er-Jahre (Deutschlandfunk)
  • Volkszählung und Zensus: Ein Fundament aus Daten zum Planen und Regieren (Deutschlandfunk)
  • Wie das Grundrecht auf Datenschutz entstand (tagesschau)

Im Bereich Gender bzw. Gleichberechtigung sind zwei Themenhefte erschienen: Frauen im Archiv (Archivar 2022,2: PDF) und „Archiv-, Bibliotheks- und Dokumentationspolitiken. Frauen*- und genderspezifische Zugänge“ (VÖB-Mitteilungen 75.2022,1)


Digitalisierung im allgemeinen und KI im besonderen in der Verwaltung:

  • In Berlin können Urkunden aus Standesamtsregistern online beantragt und bezahlt werden. War irgendwie kaputt, bezahlt wurde, danach ist der Vorgang aber versandet (Golem)
  • Die Berliner Polizei handelt „eklatant rechtswidrig“ und verweigert Akteneinsichten. Derweil hat die EU wegen mangelhaften Datenschutzes bei der Polizei ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. (Netzpolitik)
  • Niedersachsen will KI einsetzen, um Gewalt in Gefängnissen zu verhindern. Funktioniert natürlich auf Videoüberwachung und vollautomatischer Auswertung… (Golem)
  • …durch KI, die auch mal versehentlich normale Texte zu Pornotiteln übersetzt. (Heise)
  • Es gibt aber auch verhalten gute Nachrichten: Richter*innen halten den Einsatz von KI in der Justiz grundsätzlich für kritisch. Bleibt zu hoffen, dass die Politik das nicht ganz anders sieht und gegen Widerstände aus der Richter*innenschaft durchdrückt. (Heise, Golem)
  • Die öffentliche IT soll mittels Open Source unabhängiger von Monopolisten werden. (Heise)

Zum Ausweichen von Behörden von „klassischen“ Social Media-Kanälen in das Fediverse:

  • Mediatheken als Social-Media-Ausweichroute: Antworten auf häufige Fragen (Netzpolitik)
  • Stimmen aus dem Fediverse (Netzpolitik)

Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass bei der Anwendung von Uploadfiltern ein Gleichgewicht zwischen den Grundrechten und den Interessen von Urheber*innen sichergestellt werden muss, es müssen also Vorkehrungen getroffen werden, damit legale Inhalte nicht gesperrt werden. So weit, so nicht überraschend. (Maya El-Auwad, iRights)


Traue keinem Dienstleister, der eBooks mit DRM bereitstellt:

  • Onleihe: Technischer Fehler löscht alle Audio- und Videodateien (Heise)
  • Alte Kindle-Modelle verlieren Buchkauf und -ausleihe (Golem)

Zweites Dauerthema, Gesundheit:

  • Der Gesundheitsminister ist allen Bedenken zum Trotze der Meinung, die Einführung einer elektronischen Patientenakte für alle Versicherten sei eine gute Idee und Opt-In würde überbewertet. (Heise)
  • Bestandsaufnahme der Projekte und Herausforderungen Lauterbachs. (Netzpolitik)
  • Vergessene Gefahr: was passiert mit (geplanter?) Obsoleszenz von Implantaten etc. im Körper? Grade bei den modernen, digital steuerbaren Geräten wie bspw. Herzschrittmachern besteht hier ein echtes Risiko. (Heise)
  • DNA ist ein Sicherheitsrisiko (Zusammenfassung eines Interviews, Heise) (Ganzes Interview hinter Paywall)

Zum Abschluss zwei Kleinigkeiten:

  • Die Bild und der „Bläh-Bundestag“ – Ein Trauerspiel in einem Akt (Onkel Michaels Kleine Welt)
  • Duckduckgos datensicherer Webbrowser erlaubt indirektes Tracking von Microsoft (Heise)

bookmark_borderLinkschleuder: Alternative und öffentliche Soziale Netzwerke, Bestandserhaltung

Nochmal zum Vertrauen in die Cloud: „Atlassian und Hetzner zeigen, wie es nicht geht“ (Oliver Nickel, Golem)

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Zu alternativen Sozialen Netzwerken, insbesondere Mastodon:

  • Video zum Einstieg in Mastodon (etwa ab der Hälfte) (Jan-Keno Janssen, YouTube)
  • Warum Facebook- und Twitter-Alternativen anstrengend sind, aber dennoch gut tun (Eva Wolfangel, heise)

Und zu öffentlich-rechtlichen Netzwerkalternativen:

  • Ein öffentlich-rechtlicher RSS-Reader (Dirk von Gehlen)
  • Öffentlich-Rechtliche Netzwerkeffekte (Leonhard Dobusch, Dokublog)

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Der Streit darüber, was ob und wieweit kleinste Musikschnipsel urheberrechtlich geschützt sein können, geht wohl in die nächste Runde. Im Moment sieht’s so aus, als könnte die sog. Pastiche-Regelung endlich was bewirken, inwieweit es dabei bleibt, wird sich aber zeigen (Georg Fischer, iRights.info)

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Dr. Johanna Leissner hat auf dem Westfälischen Archivtag einen Vortrag gehalten über die Auswirkungen der Klimakatastrophe auf die Erhaltung kulturellen Erbes (Youtube). Ein Thema, das in den nächsten Jahren sicher noch wichtiger werden wird.

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Nur kurz erwähnen möchte ich:

  • Bestandserhaltungsboxen für die archivische Praxis und dazu gehörige Handreichung (mit PDF-Download, Augias)
  • Klimaziele allein durch Umstieg auf E-Autos nicht erreichbar (Andreas Donath, Golem)
  • Historisches Erbe und zeitgemäße Informationsinfrastrukturen: Bibliotheken am Anfang des 21. Jahrhunderts: Festschrift für Axel Halle (doi:10.17170/kobra-202010131934)

bookmark_borderLinkschleuder: Nachträge

Direkt ein paar Nachträge zu gestern, damit bin ich erstmal „auf Null“ und kann sauber anfangen:

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Klaus Graf hat auf Archivalia Tipps für schlechtes Bloggen zusammengestellt (Teil 1, Teil 2). Ich bin versucht, noch „Bilder sind umso unnötiger, desto mehr sie mit dem Beitrag zu tun haben“ zu ergänzen.

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Verwaltungsdigitalisierung, steter Quell des Mangels an Freude:

  • An dem von Dataport entwickelte Open Source-Desktop, der die Abhängigkeit von Micro$oft verringern soll, beteiligt sich jetzt auch Bayern. Damit sind jetzt alle Bundesländer beteiligt, fertig werden soll das Projekt Ende nächsten Jahres. Was allerdings noch unklar ist, ist die Finanzierung. (heise, Golem)
  • Das Innenministerium hat den „GovTech Campus“ gegründet. Lilith Wittmann kritisiert, dass das zu einer weiteren Externalisierung von Wissen führt, wie sie auch schon im Trend zur Beratung durch externe Dienstleister zu beobachten ist. (heise)

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Dass Elon Musk Twitter kauft, haben vermutlich mittlerweile alle mitbekommen. Leonhard Dobusch hat in zwei Twitter-Threads dargelegt, warum Soziale Netzwerke in öffentlicher bzw. öffentlich-rechtlicher Hand nicht unbedingt etwas schlechtes wären. (Thread 1, Thread 2).

Eine (Ganz-)Kurzeinführung in Mastodon, das sich als Ersatz durchsetzen dürfte, gibt es hier.

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Petra Gehring beschreibt im Jahrbuch Technikphilosophie, wie sie durch Retrokatalogisierung „als lesbische Redakteurin [ge]outed“ wurde. So verständlich ich finde, dass sie damit zumindest nicht glücklich ist, bin ich doch anders als sie der Meinung, dass jede*r, der oder die etwas veröffentlicht hat – zwar nur im Selbstverlag, aber doch immerhin mit ISSN und in Bibliotheken überliefert – damit rechnen sollte, dass diese Werke öffentlich rezipiert werden. Natürlich waren die heutigen Recherchemöglichkeiten in den 1990ern noch nicht absehbar, wenn damals mehr Wert auf Aufsatzerschließung gelegt worden wäre, wäre das Outing aber auch damals schon denkbar gewesen.

bookmark_borderForderungen zur Behördenkommunikation auf Social Media

Das entwickelt sich zur Serie – das Thema hatte ich ja schon zwei mal (Behörden auf Social Media – Stefan Brink meint es ernst mit dem Datenschutz und Forderungen zur Nutzung von Social Media durch Behörden), Netzpolitik.org hat ein schönes Beispiel dafür, wie Behördenkommunikation auf Social Media nicht funktionieren sollte:

Hamburger Polizei auf Twitter: Keine Nachfragen zugelassen (Marie Bröckling, Netzpolitik.org, 19.08.2020)

Die Polizei Hamburg reagiert über einen offiziellen Kanal auf Kritik, nachdem ein Video potentiell illegale Polizeigewalt zeigt, kündigt an, die Vorwürfe zu prüfen – und nutzt eine neue Funktion von Twitter, Antworten (und damit (kritische) Rückfragen) zu deaktivieren. Das erinnert mich fatal an den Irrglauben einiger Menschen, dass Meinungsfreiheit hieße, sie dürften alles behaupten und Meinungsfreiheit hieße, dass sie ein Recht darauf hätten, keine kritischen Reaktionen zu erhalten.

Passend dazu:

Innenministerium will Twitter-DMs schließen, wenn es vor Gericht gegen uns verliert (Arne Semsrott, fragdenstaat.de, 21.08.2020)

Das Innenministerium ist der Auffassung, Twitter-Direktnachrichten seien – anders als bspw. Mails an das Ministerium – „rechtlich irrelevante Korrespondenz“. Darüber könnte man sicher reden, einen besonderen Quellenwert haben die meisten Direktnachrichten sicher nicht – es gibt aber Hinweise, dass das Ministerium Verwaltungsprozesse zumindest über Direktnachrichten anstößt, indem es Nutzer:innen bittet, nähere Details zunächst per Direktnachricht mitzuteilen. Auch, wenn daraufhin nur hingewiesen wird, dass eine Anfrage nur per Mail beantwortet werden könnte oder das Ministerium gar nicht zuständig sei, dürfte es sich hier aber nicht mehr um „rechtlich irrelevante“ Vorgänge handeln.

Sollte das Verwaltungsgericht Frag den Staat bzw. der Open Knowledge Foundation insoweit Recht geben und das Ministerium zur Herausgabe entsprechender Vorgänge verpflichten – sofern dem keine Persönlichkeitsrechte entgegenstehen, hat dieses jetzt angekündigt, die Kontaktmöglichkeit über Direktnachrichten zu schließen. Kann man natürlich machen, ist im Sinne offener Kommunikation aber mindestens fragwürdig. Es wird scheinbar Zeit für eine einheitliche Regelung für (Bundes-) Einrichtungen zur Behandlung von Social Media…

bookmark_borderForderungen zur Nutzung von Social Media durch Behörden

Interview mit der Juristin Jacqueline Neumann zur amtlichen Nutzung von Social Media durch Behörden, u.a. zum Blockieren von Nutzer:innen und (Nicht-)Antworten auf Fragen von Bürger:innen.

Dabei kommt erneut zur Sprache, dass das Blockieren von Nutzer:innen schwer fragwürdig ist und einen Eingriff in Grundrechte darstellen kann.

bookmark_borderBehörden auf Social Media – Stefan Brink meint es ernst mit dem Datenschutz

Behörden auf Social Media – Stefan Brink meint es ernst mit dem Datenschutz